Madagascar
Beim Hören oder Lesen dieses Namens denkt man gemäss Google erstens an den mittlerweile 3-teiligen Zeichentrickfilm und zweitens an die viertgrösste Insel der Welt, die durch den Kanal von Mosambik vom afrikanischen Festland getrennt ist. Hier geht es um die paradiesische Insel, die seit einigen Jahren auf der BruNor-Wunschliste der Ferienbestimmungen steht. Der Name tönt exotisch, was in starkem Kontrast steht zum Dezember in der Schweiz, wo der Schnee leise rieselt, die meisten Alpenpässe Wintersperre haben und die Strassen bis in die Niederungen schneebedeckt und rutschig sind. In der Hauptstadt vom tropischen Madagascar, Antananarivo, scheint momentan die Sonne bei trockenen 28°C. Madagascar ist kein typisches Reiseland, es steht touristisch noch in den Kinderschuhen und deswegen, war für uns immer klar, das Land nicht alleine, sondern organisiert zu bereisen. Die Reisemöglichkeiten/-daten mit Schweizer Unternehmungen sind begrenzt, weshalb wir wieder im deutschen Reisemarkt, dieses Mal bei der Firma Trails im bayerischen Kempten, fündig geworden sind

Das Land
Madagascar wurde vor 150 Mio. Jahren von Afrika und vor 90 Mio. Jahren vom indischen Subkontinent getrennt. Durch die lange isolierte Entwicklung ist eine ganz eigene Natur entstanden, weshalb das Land mit ihrer 1’580km Länge auch als Kontinent betrachtet wird. Es ist ein Hotspot der Biodiversität, kein botanischer Garten, kein Zoo kann mithalten mit Madagaskars Artenvielfalt. Allein 1’200 verschiedene Orchideen wachsen auf der Insel. Die meisten Pflanzen und Tiere gibt es nirgendwo sonst auf der Welt. Ständig werden neue Arten entdeckt. 2005 fanden Forscher eine Riesenpalme, die nach 100 Jahren zum ersten Mal blühte. Und vor kurzem wurde ein neues katzenähnliches Raubtier beschrieben. Das lockt Naturfreunde an. Doch vom Massentourismus ist die Insel weit entfernt. Das Klima ist tropisch, die Tagestemperatur häufig 30°C. In der Hochebene, wo u.a. auch die Hauptstadt liegt, fühlt sich dies angenehm an, aber an der Küste mit einer höheren Luftfeuchtigkeit empfinden West-Europäer die Temperaturen oft als unangenehm. Im „Südsommer“ – November bis April – ist die Regenzeit, weshalb in diesen Monaten nur wenige Reisen nach Madagascar organisiert werden. Viele Wanderungen sind dann nicht möglich und einige Nationalparks können nur teilweise besucht werden. In dieser Zeit gibt es auch Zyklone, die grosse Vernichtungen und sogar Todesfälle mit sich bringen. Der Südwesten des Landes bekommt mit nur 300 - 500 mm/Jahr am wenigsten Regen. Einem Einfall einer sonst korrupten früheren Regierung ist es zu verdanken, dass heute zwei Drittel der Waldfläche offiziell unter Naturschutz stehen. Trotzdem schrumpft das Paradies durch Waldrodung für den Anbau von Reis oder den Abbau von Bodenschätzen wie Nickel und Kobalt.

Die Leute
Laut Schätzungen hat Madagascar ca. 22 Mio. Einwohner, wovon viele nicht registriert sind. Das Durchschnittsalter ist ca. 18 Jahre, was zu einer Geburtsrate von 4.5 Kindern pro Frau und einem Bevölkerungswachstum von ca. 3% führt. Die Lebenserwartung der Frauen liegt bei 66, für Männer beträgt sie 62 Jahre. Die Säuglingssterblichkeit liegt bei 58 pro 1‘000 und kaum jeder 2. Inselbewohner hat Zugang zu sauberem Trinkwasser (seit 2010 ein Menschenrecht der UNO). Ein grosser Teil der Bevölkerung besteht aus Analphabeten. Im Land wird mehrheitlich Malagasy gesprochen, aber die Amtssprache ist Französisch. 40% der Madagassen gehören zum Christentum und 10% zum Islam. Die Hälfte hat einen indigenen Glauben mit z. B. Ahnenverehrung und der für uns ungewohnten und feierlichen Totenumwendung. Die Landbevölkerung betet weniger zu Gott in Kirchen als vielmehr zu den Ahnen in der Natur. Den Madagassen sind viele Plätze in der Natur sogar heilig. Bestimmte Wasserfälle, Seen oder Felsen sind mit einem Fady belegt, einer vom Dorfältesten festgelegten Verhaltensregel. Dort kann es verboten sein, zu essen oder Alkohol zu trinken. Ahnenkult und Aberglaube sind auf dem Lande noch weit verbreitet. Jeder der 18 Landesstämme hat eigene Rituale.

Politik und Wirtschaft
Madagascar ist seit 1960 unabhängig von Frankreich. Momentan wird es von einer militärisch installierten Übergangsregierung regiert. Im Frühling 2013 wird ein neuer Präsident gewählt. Dies wird nicht, wie im Film „Madagascar“ ein Lemur mit speziellen musikalischen Vorlieben, sondern ein Mensch sein. Ein Viertel der Bürger kann sein Wahlrecht jedoch nicht ausüben, da es nicht über einen Personalausweis verfügt. Kinderarbeit und Kinderprostitution sind einige der Probleme, die auf der Pendezenliste des neuen Präsidenten stehen werden. Gemäss Literatur unterhält das Land gute Beziehungen zur westlichen Welt, aber westliche Ikonen wie McDonald’s, Starbucks, Nestlé & Co. sind auf Madagascar nicht vertreten. Es ist ein Entwicklungsland und zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Hauptexportprodukte sind Kaffee, Vanille, Gewürznelken und Zucker. Importiert werden Nahrungsmittel, Investitionsgüter, Konsumgüter und Erdöl. Die Währung heisst Ariary: CHF 4 = 10‘000 Ariary, als wir bei Ankunft am Flughafen CHF 600 wechselten, gab es 1’500‘000 Ariary in einem dicken Bündel Banknoten. Die kleinste Note ist 100 Ariary = 4 Rappen. Es gibt auch noch Münzen, aber das Material für diese Münzen ist teurer als der Wert, der darauf steht.

Gemäss unserem einheimischen Reiseleiter ist ein Madagasse reich, wenn er Folgendes hat: - viele Zebus (rinderartige Nutztiere) - ein 2-stöckiges Haus aus Naturmaterial (unten die Tiere, oben die Menschen) - ein Familiengrab - viele Kinde

Infrastruktur
Das Strassennetz auf Madagascar ist 50’000km lang, wovon nur 5’300km asphaltiert sind. Es gibt aber so viele Löcher im Asphalt, dass es häufig besser ist, neben der Strasse im Sand zu fahren. Innerhalb der Städte wird häufig auf mensch- und tierbetriebene Fahrzeuge zurückgegriffen. Die Autoflotte in den Städten zeigt ein Bild der siebziger Jahre: Sie besteht zum grössten Teil aus Brunos Jugendlieben 2CV und Renault4. Hier aber mit altersbedingten Flickwerken, Rostecken und Reparaturen. Gemäss Reiseprogramm gäbe es eine Zugfahrt von der Hauptstadt zur Ostküste, aber die Schweizer Lokomotive - die sehr gut ins Verkehrshaus nach Luzern passen würde - war im November bereits seit einigen Wochen defekt, da das benötigte Ersatzteil aus Europa auf sich warten liess. Aufgrund der Strassenzustände hat Air Madagascar eine grosse nationale Bedeutung. Einige ihrer Langstrecken-Flugzeuge dürfen aus sicherheitstechnischen Gründen aber nicht auf europäische Flughäfen landen. In unseren Ferien hatten wir 2 Inlandflüge mit Air Madagascar, die beide ohne Zwischenfälle durchgeführt wurden und unser Gepäck dabei hatten.

Telekommunikation/Medien
Das Netz auf Madagascar ist mit <1 Festnetztelefonanschluss und Internetzugang pro 100 Einwohner rückständig. Die Mobilfunktechnologie ist in den städtischen Gebieten aber am Aufholen. 30% des Landes hat via Mobil- und Festnetz Zugang zu den verschiedenen privaten Netzwerken. Hotels mit Internetzugang waren auf unserer Reise eine Ausnahme. Die Zeitungsleserquote auf Madagascar ist mit ca. Tageszeitungen pro 1‘000 Einwohner gering. Es sind ca. 12 Radios und 4 Fernseher pro 100 Einwohner in Gebrauch.
Anstelle von Werbeplakaten werden die Häuser als Werbeträger benutzt. Sie sind sehr bunt mit diversen Produkten und Werbesprüchen angemalt: Rot/weiss und gelb/grün für die wichtigsten privaten Netzwerke und gelb/rot für die bekannteste Biersorte „Three Horses Beer – THB“.

Die Tiere
Die Hauptrollen aus dem Film „Madagascar“ - Zebra, Giraffe, Nilpferd, Löwe - gibt es im echten Land nicht. Generell gibt es nur wenige Raubtiere, keine Affen und keine Giftschlangen, aber Lemuren in vielen Sorten und grossen Mengen. „I like to move it“ hatten sie bei unseren Begegnungen mit ihnen aber nicht auf Ipod oder MP3 dabei. Auch 260 Reptiliensorten sind auf Madagascar zu Hause, inklusive zweidrittel der weltweiten Chamäleon-Sorten. Unsere Bilder zeigen viele Begegnungen mit der Tier- und Pflanzwelt des Landes. Lustig war jeweils der Blickkontakt mit den Lemuren. Sie schauen von oben aus den Bäumen die Leute so direkt, offen und neugierig, ja fast frech an, dass man als Mensch den Blick kaum abwenden kann und möchte. Das kann so minutenlang andauern, bis das Tier sich entscheidet, seitwärts zu einem anderen Baum zu springen, und das mit einer Leichtigkeit und Eleganz, die kaum vorstellbar ist

Die Reisegruppe
Unsere Reisegruppe bestand aus 9 Personen. Laut Teilnehmerliste gab es nebst BruNor noch eine dritte Person, die Linssen hiess, was gemäss Reiseveranstalter kein copy-paste-Fehler war. Dieser Name wurde aber mit dem früheren Ringel-S geschrieben, was häufig in sz aber heutzutage auch in ss umgewandelt wird. Die 80- jährige Mutter der alleinreisende Dame war aber zufrieden, dass die Tochter „mit Familie“ in den Ferien war. Wie in jeder Gruppe gibt es Leute, die kaum reden, die (zu) viel reden, die nur Negatives reden….. So auch in dieser Gruppe. Mit 9 Personen wird es aber nie langweilig und es gibt viele Gelegenheiten für interessante Gespräche. Von der anderen Frau Linssen erhielten wir sogar den Text einiger Strophen des Liedes: „Wir lagen vor Madagascar und hatten die Pest an Bord.

Die Reise
Das 23-tägige Reiseprogramm umfasste die wichtigsten Highlights des Landes mit Nationalparks wie Ranomafana, Isalo und Ankarana mit den berühmten Tsingys, Wanderungen, Tierbeobachten, Stränden und den wichtigsten Städten. Die Hin- und Rückreise bestand aus je 3 Flügen: mit Air France von Zürich nach Paris und mit Air Austral von Paris nach La Réunion und von La Réunion nach Madagascar. Die Flüge waren kurzweilig und problemlos, aber leider erhielten wir unser Gepäck nicht am Samstagnachmittag bei Ankunft in Antananarivo, sondern erst am darauf folgenden Mittwochabend, als wir bereits weg von der Hauptstadt im Ranomafana Nationalpark waren. Mittlerweile sind wir uns an solche Verzögerungen gewohnt, und haben deshalb die nötigsten Sachen für 1-2 Tage im Handgepäck dabei. Dank Handwäsche konnten wir die 1-2 Tage zu 4 Tage „strecken“ und auch den ersten Teil der Reise geniessen. Die Parkführer zeigten uns die Wunder der madagassische Natur: Fleisch fressende Kannenpflanzen, die Deckel haben wie Töpfe, Bäume, aus denen Wasser plätschert wie aus einem Wasserhahn, Lemuren, die heulen wie Feuersirenen. Dann plötzlich bückt ein Führer sich und wühlt im Gebüsch. Schliesslich hebt er etwas Winziges auf, das kleiner ist als eine Fingerkuppe. Der kleinste Frosch oder das kleinste Chamäleon, erklärt er und hält das Tier fürs Foto auf seiner Hand, bis es davonhüpft. Wenn man vor den roten oder grauen Tsingys steht, ist man sprachlos. Vergleiche drängen sich auf, aber sie halten nicht Stand.
Ab und zu war es angenehm einen programmlosen Tag zu geniessen, um die schönen und vielfältigen Eindrücke zu verarbeiten.

Fazit: Madagscar ist ein tolles, spannendes, kontrastreiches Land, das man einfach gesehen haben muss!

Mittlerweile haben wir uns wieder gerne vom Arbeitsalltag und vom Schweizer Winter mit seinen sehr schönen Seiten in Beschlag nehmen lassen und schmieden vorsichtig Pläne, für wenn uns das Reisefieber ein nächstes Mal packt.

Antananarivo
Strassenmarkt
Reisfelder
Transport
Ambositra
Kinder
Baobab
Chamäleon
Lemuren
Ifaty
Pangalanes
Kulinarisch
Tsingy Rouge
Strassen
Ankarana
Zebus
Nosy Be
Früchte/Kakao
Tamatave
Reptilien
Flora
Isalo
Skizzen
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